Porträt von Prof. em. Dr. Richard Münch

»Unter gesellschaftlichem Zusammenhalt kann sehr viel Unterschiedliches verstanden werden: soziale Kohäsion, Anerkennung aller in ihrer Identität, Teilhabe aller an Wohlstand, Macht und Prestige. Starker Zusammenhalt ist ambivalent. Er bedeutet auch die Stärkung der inneren Kohäsion der Gesellschaft durch äußere Abgrenzung. Zusammenhalt kann auch auf Kosten individueller Freiheit gehen. In einer weltweit vernetzten Gesellschaft ist gesellschaftlicher Zusammenhalt nicht mehr allein national oder lokal denkbar, sondern nur in der Verbindung von Globalität und Lokalität. Darauf soll im Folgenden der Fokus liegen.«

Dank und Vortrag Prof. em. Dr. Richard Münch →

Prof. em. Dr. Richard Münch

Richard Münch, Jahrgang 1945, studierte von 1965 bis 1970 Soziologie, Philosophie und Psychologie an der Universität Heidelberg und erwarb dort 1969 den Grad des Magister Artium und 1971 den Grad des Dr. phil. Die Habilitation für das Fachgebiet Soziologie erfolgte 1972 an der Universität Augsburg, wo er von 1970 bis 1974 am Lehrstuhl für Soziologie und Kommunikationswissenschaft als wissenschaftlicher Assistent beschäftigt war. Von 1974 bis 1976 lehrte er als Professor für Soziologie an der Universität zu Köln, von 1976 bis 1995 als Professor für Sozialwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, von 1995 bis 2013 als Professor für Soziologie an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, wo er 2013 zum Emeritus of Excellence ernannt wurde. An der Universität Bamberg war er von 2002 bis 2011 Sprecher des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten interdisziplinären Graduiertenkollegs „Märkte und Sozialräume in Europa“ und von 2010 bis 2019 Mitglied im Vorstand der von der Exzellenzinitiative von Bund und Ländern geförderten Bamberg Graduate School of Social Sciences. Seit 2015 ist er Seniorprofessor für Gesellschaftstheorie und komparative Makrosoziologie an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen am Bodensee.

Richard Münch ist Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, war Vorsitzender des Fachbeirats am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln, Luhmann-Gastprofessor an der Universität Bielefeld, Gastprofessor an der Georg-August-Universität Göttingen, mehrfach Gastprofessor an der University of California in Los Angeles. Er gehörte zur Herausgeberschaft des American Journal of Sociology, der Annual Review of Social Theory, von Sociological Theory, Zeitschrift für Soziologie und Soziologische Revue. Die Deutsche Gesellschaft für Soziologie ehrte ihn 2018 mit dem Preis für ein hervorragendes wissenschaftliches Lebenswerk.

Die zahlreichen Publikationen Richard Münchs haben nachhaltigen Einfluss auf die Forschung zu Fragen der Globalisierung, der Europäisierung und des gesellschaftlichen Wandels ausgeübt. Seine Veröffentlichungen zum »akademischen Kapitalismus« haben die Debatte über die Entwicklung von Universität und Wissenschaft maßgeblich geprägt. Sein 2018 publiziertes Buch über den »bildungsindustriellen Komplex« untersucht den Wandel von Schule und Unterricht im Kontext des internationalen Bildungswettbewerbs mit Schwerpunkt auf den Reformen und ihren Ergebnissen in den Vereinigten Staaten von Amerika. Im Anschluss daran forscht er gegenwärtig im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projektes zur Bilanz des »Global Educational Reform Movement« im internationalen Vergleich.

Dank und Vortrag

Laudatio

Grußworte

Prof. Dr. Achim Landwehr und Prof. em. Dr. Richard Münch stehen nebeneinander auf der Bühne und halten gemeinsam eine Urkunde.

Mitglieder der Jury 2022

  • Prof. Dr. Achim Landwehr, Dekan der Philosophischen Fakultät

  • Prof. Dr. Dres. h.c. Gert Kaiser, Vorsitzender der Meyer-Struckmann-Stiftung

  • Prof. Dr. Stefan Marschall, Prorektor für Internationales und Wissenschaftskommunikation

  • Prof. Dr. Bruno Bleckmann, Altdekan

  • Prof. Dr. Ulrich von Alemann, Altdekan

  • Prof. Dr. Dirk Matejovski, Beauftragter der Stiftug

  • Prof. Dr. Heiko Beyer, Institut für Sozialwissenschaften

  • Prof. Dr. Christoph Spörlein, Institut für Sozialwissenschaften

Begründung der Jury

Prof. em. Dr. Richard Münch erhält für seine lebenslange Forschung zum Thema gesellschaftlicher Zusammenhalt den Meyer-Struckmann-Preis 2022

Der Soziologe Richard Münch wird für seine grundlegenden theoretischen Arbeiten und historisch-vergleichenden Studien zum gesellschaftlichen Wandel ausgezeichnet.

Ausgehend von der großen soziologischen Frage »Wie ist soziale Ordnung möglich?« hat Richard Münch, der 2013 zum Emeritus of Excellence der Universität Bamberg ernannt wurde und seit 2015 Seniorprofessor für Gesellschaftstheorie und komparative Makrosoziologie an der Zeppelin Universität ist, sich zeitlebens mit den Bedingungen, Formen und Dynamiken gesellschaftlicher Solidarität und sozialer (Des-)Integration beschäftigt. Münch promovierte und habilitierte Anfang der 1970er Jahre zunächst mit Arbeiten zu handlungs- respektive gesellschaftstheoretischen Grundlagenproblemen bevor er in den 1980er Jahren als Professor am Institut für Sozialwissenschaften der HHU umfassende historisch-soziologische Untersuchungen zur Struktur und Kultur moderner Gesellschaften durchgeführte. 1995 wechselte Münch an die Universität Bamberg, wo er sich vermehrt gegenwartsbezogeneren Themen wie den Ursachen und Folgen der Globalisierung, den Chancen transnationaler Solidarität und den Auswirkungen des liberalen Kapitalismus auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt widmete. Inzwischen beschäftigt er sich vor allem mit den negativen Auswirkungen der Ökonomisierung des Bildungsbereichs und leitet hierzu ein aktuelles DFG-Projekt, das die Karrierewege von deutschen und US-amerikanischen Wissenschaftler:innen vergleicht.

Richard Münch wurde für seine herausragende Forschung bereits unter anderem mit zahlreichen Drittmittelförderungen sowie dem Preis der Deutschen Gesellschaft für Soziologie für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Er hatte mehrere Gastprofessuren an der University of California, Los Angeles inne, gehörte zur Herausgeberschaft des American Journal of Sociology, der Annual Review of Social Theory, von Sociological Theory, Zeitschrift für Soziologie sowie der Soziologischen Revue. Er war Vorsitzender des Fachbeirats am Max Planck Institut für Gesellschaftsforschung in Köln und ist Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.

Ausgewählte Monographien

  • Theorie des Handelns. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag, 1982. (Englisch: Theory of Action. London and New York: Routledge, 1987; Understanding Modernity. London and New York: Routledge, 1988)

  • Die Kultur der Moderne. 2 Bände. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag, 1986. (Englische Kurzfassung: The Ethics of Modernity. Lanham, MD: Rowman & Littlefield)

  • Dialektik der Kommunikationsgesellschaft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag, 1991.

  • Das Projekt Europa. Zwischen Nationalstaat, regionaler Autonomie und Weltgesellschaft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag, 1993.

  • Sociological Theory, 3 Volumes. Chicago: Nelson Hall, 1994. (Deutsch: Soziologische Theorie, 3 Bände. Frankfurt/New York: Campus Verlag, 2002–2004)

  • Globale Dynamik, lokale Lebenswelten. Der schwierige Weg in die Weltgesellschaft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag, 1998.

  • Die akademische Elite. Zur sozialen Konstruktion wissenschaftlicher Exzellenz. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag, 2007.

  • Die Konstruktion der europäischen Gesellschaft. Zur Dialektik von transnationaler Integration und nationaler Desintegration. Frankfurt/New York: Campus Verlag, 2008. (Englisch: European Governmentality: The Liberal Drift of Multilevel Governance. London and New York: Routledge, 2010)

  • Das Regime des liberalen Kapitalismus. Inklusion und Exklusion im neuen Wohlfahrtsstaat. Frankfurt/New York: Campus Verlag, 2009. (Englisch: Inclusion and Exclusion in the Liberal Competition State: The Cult of the Individual. London and New York: Routledge, 2012)

  • Akademischer Kapitalismus. Zur Politischen Ökonomie der Hochschulreform. Berlin: Suhrkamp Verlag, 2011. (Englisch: Academic Capitalism. Universities in the Global Struggle for Excellence. London and New York: Routledge, 2014)

  • Das Regime des Freihandels: Entwicklung und Ungleichheit in der Weltgesellschaft. Frankfurt/New York: Campus Verlag, 2010. (The Global Division of Labor: Development and Inequality in World Society. Houndmills, Basingstoke: Palgrave Macmillan)

  • Der bildungsindustrielle Komplex. Schule und Unterricht im Wettbewerbsstaat. Weinheim Basel: Beltz Juventa, 2018. (Englisch: Governing the School under Three Decades of Neoliberal Reform. From Educracy to the Education-Industrial Complex. London and New York: Routledge, 2020)