Meine sehr verehrten Damen, meine Herren,

keine weitere Begrüßung mehr, so ist es mit dem Herrn Dekan verabredet, aber ich kann die große Freude nicht unterdrücken, dass uns der Herr Oberbürgermeister und unsere Rektorin die Ehre geben. Und die besondere Freude schon gar nicht, dass Frau Dr. Betz uns treu bleibt.

 In der Satzung der Meyer-Struckmann-Stiftung steht eine Formulierung, die sich unmittelbar dem Stifter Fritz Meyer-Struckmann dankt. Eine Formulierung, der man anmerkt, dass sie schon einige Zeit her ist: Die Stiftung solle unter anderem der "Volksbildung und den Geisteswissenschaften" dienen.

Den ehrwürdigen Begriff "Volksbildung" nimmt die Philosophische Fakultät ernst, indem sie Preisträger auswählt, die von untadeligem wissenschaftlichem Rang sind, die aber zugleich – und durch ihr Werk – hineinwirken in die gebildete Öffentlichkeit. Und auf diese Weise Wissenschaft praktisch werden lässt, eben der Volksbildung dient.

Dass ein Bankier das zu seiner Forderung macht, gibt ihr besonderes Gewicht.

Denn neben mancherlei Nutzen, den die Geisteswissenschaften für die Gesellschaft haben: ich nenne nur diese: sie erforschen den Schatz kultureller Erfahrung und stellen ihn der Gegenwart zur Verfügung; sie klären uns auf über Traditionen, in denen wir stecken und oft auch steckengeblieben sind, sie erforschen und vermitteln ästhetische Erfahrungen; sie tragen bei zu einer moralischen Erziehung und haben den gebildeten Menschen zum Ziel.

Ich wiederhole: neben mancherlei Nutzen ist da noch etwas. Die Geisteswissenschaften geben ihren Lesern und Hörern ein Bewusstsein von sich, ein Selbst-Bewusstsein, das nicht auf ökonomischem Erfolg und Misserfolg gegründet ist. Sie schaffen humane Maßstäbe, die etwas anderes sind als wirtschaftliche Leistung.

Und das hat uns der Bankier Fritz Meyer-Struckmann aufgegeben.

Und weil das eine schwierige Aufgabe ist, hat sich der Vorstand der Stiftung vor Jahren entschlossen, sie einer über jeden Zweifel erhabenen sachkundigen Institution anzuvertrauen: eben der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität.

Die Bitte der Stiftung an die Philosophische Fakultät unserer Universität, hat eine kleine Vorgeschichte, die ich deshalb noch einmal erzähle, damit der eigentlich naheliegende Verdacht ausgeräumt wird, es habe der ehemalige Rektor seiner eigenen Fakultät diesen Preis zugeschanzt.

Nachdem der Vorstand der Stiftung sich zu diesem nach ihrem Stifter benannten Preis entschlossen hatte, suchten wir nach einer geeigneten Fakultät.

Wir hatten damals, ich glaube vor 15 Jahren, auch die Philosophische Fakultät der Berliner Humboldt-Universität ins Auge gefasst. Wir waren dort sehr willkommen, aber plötzlich tauchte eine Bedingung auf, mit der wir nicht gerechnet hatten: die Berliner wollten in erster Linie ihre eigenen Professoren und Emeriti damit auszeichnen.

Das schien uns denn doch ein Geschmäckle zu haben für einen Preis, dem wir Ansehen und eine lange Zukunft wünschten. Wir beendeten das Gespräch, und heute sind wir dankbar, dass wir in unserer Philosophischen Fakultät eine so kluge Sachwalterin unseres Satzungsauftrags gefunden haben.

Noch ein Wort zur Stiftung selber: sie gehört mit einem Vermögen von rund 25 Millionen Euro zu den mittelgroßen, ihr Vorstand besteht aus den Herren Rudolf Apenbrink, Detlef Bösel, Gerhard Reul, Sieghart Rometsch, Bernhard Schlink – ja, eben der Schlink! – und meiner Wenigkeit. Der Stifter und sein erster Nachfolger haben das Bankhaus Trinkaus & Burkhardt zum Vermögensverwalter bestimmt, und dort geschieht das bis heute mit großem Erfolg. Der ehemalige Vorstands- und dann Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Rometsch hat sich das in vielen Jahren zur Herzenssache gemacht. Und sein Vorstandskollege Dr. Apenbrink eifert ihm heute nach.

Es ist schön, finde ich, in diesem besonderen Rahmen den Preis unseres Stifters zu verleihen.

Ich danke für Ihr freundliches Zuhören.

Prof. Dr. Dres. h.c. Gert Kaiser

Rektor der Heinrich Heine-Universität von 1983 bis 2003. Vorsitzender der Meyer-Struckmann-Stiftung. Studium der Germanistik und Romanistik in Heidelberg und München. Promotion (1964) und Habilitation (1970). Ruf auf den Lehrstuhl für Ältere Germanistik in Düsseldorf (1977). Wissenschaftliche Beiträge und Bücher zur Literatur des hohen und späten Mittelalters.