Lieber Jan-Dirk Müller,

es ist doch ein freundliches Schicksal, das uns heute nach vielen Jahren wieder zusammenführt – nach einer gemeinsamen Lehrzeit als Assistenten am Heidelberger Lehrstuhl für Ältere Germanistik in den bewegten siebziger Jahren.

Aus Ihnen wurde dann ein weithin angesehener Mediävist, eine wirkliche Zierde unseres Faches – und deshalb sind Sie heute hier. Von mir hatte die Düsseldorfer Universität, als sie mich damals berief, dasselbe erwartet. Nun – es wurde nichts daraus. Damit muss eine Universität leben.

Deshalb ist es eine besonders freundliche Fügung, dass ich Ihnen heute, zusammen mit dem Herrn Dekan, den Meyer-StruckmannPreis überreichen darf.

Es liegt ein besonderer Augenblick auch darin, dass neben Ihrer Gattin eine Reihe hochrangiger Vertreter unseres Faches Ihnen und uns die Ehre erweisen. Ich erwähne die Kollegen Grubmüller aus Göttingen, Eikelmann aus Bochum und Quast aus Münster sowie die Münchener Kollegen Strohschneider und Stempel. Herrn Strohschneider, dessen Präsidentschaft im Wissenschaftsrat gerade endete, danke ich die liebevolle und willkommene Infamie, dass wir Düsseldorfer heute Abend in Herrn Müller einen Kölschen Jung ehren, bevor die Kölner ihn entdecken.

Der guten Ordnung halber erwähne ich, dass ich mich – wegen unserer gemeinsamen Jugendjahre – bei der Auswahl des Preisträgers durch die Jury natürlich zurückgehalten habe, dass aber meine Hoffnung, es möge die Wahl auf Sie fallen, aufs Schönste sich erfüllte.

Die Meyer-Struckmann-Stiftung dankt sich dem Manne, der viele Jahre an der Spitze des Düsseldorfer Bankhauses Trinkaus und Burkhardt stand. Deshalb will mit Freude vermerkt sein, dass der Aufsichtsratsvorsitzende dieses Hauses, Dr. Sieghart Rometsch, heute anwesend ist – auch er ein bedeutender Mäzen, notabene auch Schatzmeister der Meyer-Struckmann-Stiftung und dazu der Universität vielfach verbunden.

Fritz Meyer-Struckmann, Jahrgang 1908 und 1984 gestorben, hatte einen merkbaren Anteil an der Gestaltung der deutschen Wirtschaft der Nachkriegszeit. Das damals einflussreiche Netzwerk des sogenannten Rheinischen Kapitalismus war seine Wirkungsstätte. So ist er vielen der großen Gestalten der deutschen Geschichte bis in die achtziger Jahre hinein eng verbunden.

Aber darüber hinaus hat sich in diesem bemerkenswerten Mann die Überzeugung gefestigt, dass die geistige Bildung und Erziehung eines Volkes eine der Kernaufgaben für eine gute Zukunft sei.

Und so hat er verfügt, dass sein gesamtes Vermögen der Förderung der Geisteswissenschaften dienen solle.

Und darin ist er – wir alle wissen es – eine Ausnahmeerscheinung.

Vor sechs Jahren hat die Stiftung beschlossen, die Philosophische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität instand zu setzen, jährlich einen gut dotierten Preis zu verleihen.

Und das ist eine weitere Erfolgsgeschichte geworden. Was die Fakultät aus dieser Chance gemacht hat, kann sich sehen lassen.

Die erste Preisvergabe erfolgte im Jahr 2006 zum Thema „Memoria: Formen des kollektiven Gedächtnisses“ an Hartmut Böhme. 2007 zum Thema „Jüdische Traditionen in Kultur und Gesellschaft Europas“ an Shmuel Feiner. 2008 zum Thema „Deutsch-französische Beziehungen in Kultur und Gesellschaft“ an Harald Weinrich. 2009 zum Thema „Gesellschaften der Moderne“ an Herfried Münkler. 2010 zum Thema „Theorien und Kulturen des Bildes“ an Horst Bredekamp. Und jetzt zum Thema „Mittelalterforschung“ an Jan-Dirk Müller.

Mit diesen Themensetzungen und mit diesen Preisträger-Persönlichkeiten hat sich der Meyer-Struckmann-Preis einen wahrnehmbaren Rang erobert.

Ich möchte der Philosophischen Fakultät dafür danken und ihr zu diesem herausragenden Erfolg gratulieren.

Und will mit einer sehr persönlichen Gratulation an Jan-Dirk Müller schließen.

Prof. Dr. Dres. h.c. Gert Kaiser (geb. 1941)

Lehrte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Ältere Germanistik. Von 1983 bis 2003 Rektor der Universität.
Von 1985 bis 2007 war er Präsident des Wissenschaftszentrums Nordrhein-Westfalen.
Arbeitsschwerpunkte: Mittelalterliche Literatur, Wissenschaft und Kultur der Gegenwart.