Sehr geehrter Herr Vorsitzender
der Meyer-Struckmann-Stiftung, Herr Altrektor Kaiser, sehr geehrte Vorsitzende des Hochschulrats, Frau Paulsen, sehr geehrte Mitglieder des Hochschulrats,
Magnifizenz,
sehr geehrter Herr Strohschneider,
sehr geehrte Frau Bauschke-Hartung,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren und vor allem
Sie, sehr geehrter Herr Jan-Dirk Müller,

ich freue mich, Sie alle zu diesem freudigen Anlass, der diesjährigen Verleihung des Meyer-Struckmann-Preises – diesmal für herausragende Leistungen im Bereich Mittelalterforschung, begrüßen zu können, und danke Ihnen allen, dass sie hierher gekommen sind. Unser musikalisches Rahmenprogramm, das von Frau Diana Hies (Cello) und Frau Brigitte Weber (Geige) bestritten wird, ist, wie sie gehört haben und wie sie noch hören werden, eher nicht von mittelalterlichen Klängen bestimmt, sondern rundet unsere Veranstaltung durch Klassisches ab. Damit zeigen wir an, welche Art von Mittelalterforschung wir meinen, eine Mittelalterforschung, die sich zu anderen Epochen öffnet und mit den anderen Epochen in Verbindung steht, so wie unser Preisträger, dem ich bereits an dieser Stelle gratulieren möchte, sich in seinem Oeuvre keineswegs auf das Mittelalter beschränkt hat, sondern mit seinem „Maximilian“, seiner Dissertation und seinen Arbeiten zu Lessing und Wieland Herausragendes zur frühen Neuzeit geleistet hat. Mit unserem Altrektor Gert Kaiser möchte ich einen weiteren Vertreter der sich öffnenden – und zwar zu der sich langjährig hochschulpolitischer Verantwortung öffnenden – germanistischen Mediävistik begrüßen und ihm dafür danken, dass er als Vorsitzender der Meyer-Struckmann-Stiftung zu uns sprechen wird.

Begrüßen möchte ich zwei weitere Mediävisten, nämlich den Nachfolger von Herrn Müller als Ordinarius für mediävistische Germanistik an der Universität München Herrn Professor Strohschneider, der uns allen natürlich auch wieder wegen seiner Überschreitung der mediävistischen Grenzen bekannt ist, nämlich als bis vor kurzem amtierenden Vorsitzenden des Wissenschaftsrats. Ich freue mich sehr, dass Sie unserer Fakultät die Ehre geben, hier im Rahmen der Preisverleihung zu erscheinen. Unsere Kollegin Frau Bauschke-Hartung darf heute Abend die mediävistischen Grenzen, in denen Sie zuhause ist, nicht ganz verlassen, fällt ihr doch die Aufgabe zu, uns darüber zu belehren, welche Impulse von Herrn Müller im Bereich der Mittelalterforschung ausgegangen sind. Liebe Frau Bauschke, vielen Dank dafür, dass Sie diese Aufgabe übernommen haben, die alles andre als leicht ist, angesichts der Fülle dessen, was man aufführen könnte, aber weglassen muss, damit diese Veranstaltung ihr zeitliches Maß behält. Von zwei Mediävisten, Herrn Kaiser und Frau Bauschke gerahmt, wird unser Rektor Herr Professor Piper zu uns sprechen. Darüber möchte ich ebenfalls meine Freude zum Ausdruck bringen, macht dies doch deutlich, wie wichtig auch der Hochschulleitung dieser von unserer Fakultät verliehene Wissenschaftspreis und die damit verbundene Veranstaltung ist.

Vor einigen Wochen haben wir, um auszuloten, was für die Kolleginnen und Kollegen unserer Fakultät akzeptabel ist, seitens des Dekanats eine Umfrage unternommen und nachgefragt, an welchen Kriterien man die Qualität seiner Forschung messen lassen könne, wenn es denn sein müsse. Mit deutlichem Abstand vor den eingeworbenen Drittmitteln wurde hier an der Düsseldorfer Philosophischen Fakultät die wissenschaftliche Monographie genannt. Das ist übrigens keineswegs eine völlige Selbstverständlichkeit: An der Philosophischen Fakultät Bochum dominierte das Drittmittelkriterium bei der Selbstbemessung. Allerdings nahm auch dort die wissenschaftliche Monographie bei den Präferenzen einen hohen Rang ein.

Deutlich wird hier folgende Auffassung: Die Forschung wird durch die Arbeit und die Persönlichkeit einzelner Individualitäten vorangetrieben, die zwar nie allein und einzelgängerisch arbeiten, sondern in Diskussionen eingreifen, die in ihren Fächern geführt werden, diese aber dann doch entscheidend bestimmen. Kollektive Arbeiten – bis hin zu Graduiertenkollegs und Sonderforschungsbereichen – im geisteswissenschaftlichen Bereich entfalten häufig nur das, was einzelne entdeckt und formuliert haben. Dabei will ich nicht missverstanden werden und einen falschen und nicht existierenden Gegensatz zwischen Drittmittelkollektiven und Einzelforschung konstruieren. Geisteswissenschaftliche Forschung ist nämlich auf materielle Ressourcen, insbesondere Personalressourcen angewiesen. Große und kleine Drittmittelprojekte beleben das Geschäft, strukturieren die Diskussion, machen Trends sichtbar, ermöglichen, dass neue Wissenschaftlergenerationen ihre ersten Schritte machen können, stellen der Einzelforschung zahlreiche Hilfen zur Verfügung. Trotzdem ist natürlich klar, dass die Forschung selbst immer vor der Forschungsermöglichung rangiert und dass die Resultate dieser Forschung am deutlichsten in der wissenschaftlichen Monographie hervortreten. Nichts anderes sollte das Votum der Professorinnen und Professoren besagen.

Neben solchen Überlegungen darüber, dass die Innovation eher auf das Konto von Einzelleistungen zurückzuführen ist, gibt es möglicherweise einen zweiten Grund, die Monographie vorzuziehen. Die große wissenschaftliche Monographie gehört zum Lebensentwurf vieler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, zum nicht erreichten Ziel wissenschaftlichen Strebens. Entgegen landläufiger, zwischenzeitlich auch medial bedienter Vorstellungen ist eine übergroße Mehrheit der Professorinnen und Professoren durchaus fleißig, übrigens auch im Bereich der Publikation. Man beobachtet gleichwohl, dass nach der Publikation der Qualifikationsschriften – viele Habilitationsschriften bleiben allerdings ungedruckt – relativ wenige die Kraft, über Aufsätze und Herausgeberschaften von Sammelbänden hinaus zu kommen. Meistens werden hierfür äußere Umstände angeführt, und es ist unleugbar, dass der akademische Alltag immer anstrengender geworden ist, bis hin zu der jetzt aktuell vielfach thematisierten professoralen Burnout-Symptomatik. Gleichwohl gibt es eben auch Unterschiede der Arbeitsenergie, des Talentes, der Innovationskraft. Wie dem auch immer sei, die gelungene wissenschaftliche Monographie wird oft als ein unerreichbares Ideal empfunden, und wo und wie auch immer sie zustande kommt, ist sie immer ein Glücksfall. Noch mehr gilt dies natürlich dann, wenn sich Monographien aneinander reihen und wenn diese sich zu einem imposanten und geschlossenen Lebenswerk runden.

Üblicherweise bleiben diese Glücksfälle relativ unbeachtet. Nur in Ausnahmefälle erzielen wissenschaftliche Monographie hohe Auflagen und werden ein wenig in der Öffentlichkeit diskutiert, etwa – allerdings mit quantitativ abnehmender Tendenz – in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die Philosophische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität ist daher der Meyer-Struckmann-Stiftung und ihrem Vorsitzenden Gert Kaiser überaus dankbar dafür, dass diese ihr die Möglichkeit gibt, durch einen renommierten und großzügig dotierten Wissenschaftspreis, den Meyer-Struckmann-Preis, herausragende geisteswissenschaftliche Forschung in das Zentrum der Aufmerksamkeit stellen zu können. Dies geschieht dabei, indem Jahr für Jahr ein neues Themenfeld bestimmt und dadurch die Vielfalt geisteswissenschaftlicher Forschung deutlich gemacht wird. Entstanden ist auf diese Weise schon jetzt eine beeindruckende Galerie von Persönlichkeiten, die durch ihr Lebenswerk entscheidende Impulse gesetzt haben, von Hartmut Böhme über Shmuel Feiner, Harald Weinrich, Herfried Münkler und Horst Bredekamp.

Hier kommen Sie nun, lieber Herr Müller, ins Spiel. Wir freuen uns, dass wir Sie für Ihr Lebenswerk auszeichnen dürfen und werden diesen Gedanken des Lebenswerks, des abgerundeten wissenschaftlichen Werks, nicht nur durch die Laudatio durch unsere Kollegin Frau Bauschke, sondern auch in der künftigen Publikation, unserer blauen Reihe, zum Ausdruck bringen, indem wir – abweichend von den ersten Bänden – erstens ein schönes farbiges Photo und zweitens auch wirklich eine Publikationsliste mit veröffentlichen werden. Das hindert sie natürlich nicht daran, dieser Publikationsliste weitere Titel anzufügen. Wie allen Preisträgern wird Ihnen die Hervorhebung ihrer Person und ihres Werks vielleicht nicht nur angenehm sein. Das ist kein Topos der Bescheidenheit, sondern Ausdruck einer natürlichen Einstellung, die das eigene Lebenswerk einfach als Ergebnis der Arbeit sieht, die man eben macht. Wir freuen uns aber, dass Sie sich trotzdem bereit erklärt haben, den Preis anzunehmen, und glauben, dass Sie, indem Sie akzeptieren, auch als Preisträger eine wissenschaftsöffentliche Person zu sein, auch darin letztlich den Interessen der Geisteswissenschaften und Ihres Faches, der germanistischen Mittelalterforschung dienen.

Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und übergebe das Wort nun dem Vorsitzenden der MeyerStruckmann-Stiftung.

Prof. Dr. Bruno Bleckmann (geb. 1962)

Lehrt an der Heinrich-Heine-Universität Alte Geschichte.
Prodekan der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität von 2009 bis 2011, seit 2011 Dekan.
Wichtigste Arbeitsschwerpunkte: Antike Geschichtsschreibung und Quellenkritik, Griechenland in Klassischer Zeit, die Römische Republik und die Spätantike.
Jüngste größere Publikation: La guerra del Peloponneso, Bologna 2010.