Sehr geehrte Damen und Herren,

auch ich darf Sie im Namen der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf herzlich zur Verleihung des Meyer-Struckmann-Preises 2018 begrüßen. Ich schließe mich dem Dekan und insbesondere seiner Begrüßung an.

Allerdings lasse ich es mir nicht nehmen, Sie, sehr geehrte Frau Prof. Dr. Stollberg-Rilinger, ganz herzlich hier im Haus der Universität willkommen zu heißen. Ich bin glücklich und stolz, dass Sie unserer Universität mit Ihrem Besuch, Ihrem Vortrag und der Annahme des Preises die Ehre erweisen.

Sehr geehrte, liebe Gäste, schaut man sich die Verzeichnisse und Listen an, in denen die Verdienste, Mitgliedschaften und Ehrungen von Frau Stollberg-Rilinger als Historikerin aufgezählt werden, staunt man nicht schlecht, wenn man hört, dass sie in der Schule das Fach Geschichte angeblich ganz furchtbar langweilig fand. Irgendetwas scheint ihre historische Neugier und ihren Forschergeist dann doch ganz gehörig geweckt zu haben.

Denn heute gilt die Leibniz-Preisträgerin als eine herausragende Historikerin, die sich aus einer kulturgeschichtlichen Perspektive der politischen Theorie, Publizistik und juristischen Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts widmet.

Die Klaviatur ihrer geschichtswissenschaftlichen Expertise ist beeindruckend: sie reicht von der wettbewerbserprobten Wissenschaftlerin, die Sprecherin und Hauptantragstellerin des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ in Münster ist, über die Bestseller-Autorin, die mit ihrer 1000-Seiten-Biograpie über Erzherzogin Maria Theresia einen großen Coup landete, bis hin zur bedeutenden Wissenschaftsmanagerin, die seit diesem Jahr das Amt der Rektorin des renommierten Berliner Wissenschaftskollegs inne hat.

Auch wenn es mir als Fachfremde kaum zusteht, erlaube ich mir folgende Einschätzung: Ich bin überaus glücklich mit der Entscheidung der Jury, weil mir, sehr geehrte Frau Stollberg-Rilinger, Ihre Vorstellung von einem gesellschaftlichen Auftrag der Geistes- und insbesondere der Geschichtswissenschaften unmittelbar einleuchtet, und daher besonders gut gefällt.

Um dies zu erläutern möchte ich Sie zitieren:

„Ich gehöre zu den Historikerinnen, die meinen, dass man nicht unmittelbar aus der Geschichte lernen kann. Aber ich meine, dass die Beschäftigung mit der Geschichte, auch mit zurückliegenden, sehr fremden Epochen deshalb von großem Wert ist, weil sie die eigene Urteilskraft, den eigenen Horizont schärft und ein Gespür für das Fremde erzeigt. Das ist heute extrem wertvoll und wichtig, weil es zeigt, dass Menschen zu anderen Zeiten ganz anders gedacht, gefühlt und gehandelt haben als es uns das heute selbstverständlich ist. Es ist nicht alles selbstverständlich was man für selbstverständlich hält.“    

Ein Europa in der Krise, weltweit erstarkende rechtsnationale Bewegungen, die globale Ausgrenzung und Verfolgung von als ‚anders‘ deklarierter Gruppen, Populismus und der Glaubwürdigkeitsverlust wissenschaftlicher Eliten: all' das sind Phänomene, die den Ruf nach einem größeren Engagement von Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen laut werden lassen.

In einer Welt, in der Schwarz-Weiß-Denken salonfähig geworden ist und unterkomplexe Erklärungen für globale Phänomene herhalten müssen, sind die Expertise und die Deutungsansätze der Geistes- und insbesondere der Geschichtswissenschaften gefragter denn je. Denn sie warnen vor zu einfachen Lösungen und Erklärungsansätzen. Sie kritisieren zu einfache Interpretationen von Korrelationen oder Kausalitäten. Sie bemühen sich darum, die Komplexität unserer Welt abzubilden. Es sind diese Stärken, die der Meyer-Struckmann-Preis würdigt. Und in diesem Jahr hätte die Wahl der Preisträgerin nicht besser ausfallen können.

Sehr geehrte Frau Professor Stollberg-Rilinger, noch einmal meinen allerherzlichsten Glückwunsch zu dieser Auszeichnung.

Für Ihre weitere Forschungstätigkeit, aber auch für Ihre Aufgabe als Rektorin des Wissenschaftskollegs zu Berlin, wünsche ich Ihnen viel Kraft und Mut, neue Wege zu beschreiten und ganz viel Leidenschaft für diese spannende Herausforderung.

Prof. Dr. Anja Steinbeck

Rektorin der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf seit November 2014 (Jahrgang 1966) Studium der Rechtswissenschaften in Mainz und Genf. Nach Promotion (1992) und Habilitation (1998) folgte 2001 ein Ruf auf einen Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht und Gewerblichen Rechtsschutz an der Universität zu Köln sowie 2003 die Ernennung zur Direktorin des Instituts für Gewerblichen Rechtschutz und Urheberrecht. Von 2011–2014 war sie Prorektorin der Universität sowie von 2004–2014 Richterin im Nebenamt am Oberlandesgericht Köln. 2020 vom Centrum für Hochschulentwicklung und der ZEIT als Rektorin des Jahres ausgezeichnet