Grußwort
Prof. Dr. Hans T. Siepe
Anlässlich der Verleihung des Meyer-Struckmann-Preises für geistes- und sozialwissenschaftliche Forschung 2009
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Münkler,
Sie stehen heute an erster Stelle und im Zentrum der Veranstaltung, und mit Ihnen begrüße ich
den Präsidenten der Dr. Meyer-StruckmannStiftung, Herrn Prof. Dr. Dres. h.c. Gert Kaiser, sowie als weiteren Vertreter der Stiftung Herrn Dr. Sieghardt Rometsch;
den Herrn Staatssekretär Jan Söffing;
den Kulturdezernenten der Stadt Düsseldorf,
Herrn Hans-Georg Lohe;
Frau Prof. Dr. Vittoria Borsò als Mitglied des
Hochschulrats;
Herrn Prof. Dr. Ulrich von Alemann als Mitglied
des Rektorats (und als erster Stellvertreter des
Rektors);
die Kolleginnen und Kollegen der Heinrich-Heine
Universität;
die Studierenden, unter ihnen den AStA-Vorsitzen
den, Herrn Andreas Jentsch;
die Vertreterinnen und Vertreter aus dem Verlagsbereich und der Presse;
Sie alle, meine Damen und Herren, und last but not least: die Mitglieder der Jury.
«Wenn der hoch angesehene und dotierte Prinz-vonAsturien-Preis (span. Premios Príncipe de Asturias) vergeben wird, müssen sich die Schönen und Reichen aus Madrid auf den beschwerlichen Weg nach Oviedo machen, der Hauptstadt des Fürstentums Asturien, um dort in Anwesenheit des spanischen Thronfolgers Prinz Felipe von Spanien und seiner Gemahlin Doña Letizia einer Preisverleihung beizuwohnen, die der Verleihung des Nobelpreises wenig nachsteht, aber anders als in Stockholm auch Preisträger für Sozialund Geisteswissenschaftler vorsieht. Die hochkarätige Zusammensetzung der Jury, die delikate Auswahl und Zusammenstellung der Preisträger, die Statements, die diese unmittelbar nach der Nominierung abgeben, die Laudationes und Dankreden, die im Herbst gehalten werden – all das demonstriert, welches diplomatische Geschick Preisverleihungen erfordern, bis sich niemand mehr vor den Kopf gestoßen fühlt.»
So, meine Damen und Herren, ist nachzulesen in dem «Kleinen Lexikon des wissenschaftlichen Kommunizierens», das unter dem Titel «Die Akademische Hintertreppe» von dem Politikwissenschaftler Claus Leggewie und von Elke Mühlleitner verfasst wurde. Unmittelbar an diesen Eintrag zum Stichwort «Preisträger» schließt sich dann das Stichwort «Professor/Professorin» an, in dem es u. a. auch um den Mythos des deutschen Professors geht.
Damit sind wir also beim Thema, wenn es auch hier um Geistesund Sozialwissenschaften geht, könnten Oviedo gegen Düsseldorf austauschen, Asturien gegen NRW – was sonst noch, überlasse ich Ihnen – und in Anlehnung an ein Buch (natürlich an «Die Deutschen und ihre Mythen», jüngst publiziert und anderswo preisgekrönt, von Herfried Münkler) einmal dem Mythos des deutschen Professors nachgehen. Hier will ich mich – als Dekan an der Heinrich-Heine-Universität mit einem üblichen Zitat – aber auf Heinrich Heine beschränken und nur mit ihm dazu bemerken:
«Zu fragmentarisch ist Welt und Leben!
Ich will mich zum deutschen Professor begeben. Der weiß das Leben zusammenzusetzen,
und er macht ein verständlich System daraus.»
So weit, so gut; und mit Leggewie/Mühlleitner könnte ich hinzufügen:
«Notorische Vergesslichkeit und Weltfremdheit, eine gewisse Verwahrlosung im Aussehen und eine moderate Vertrottelung werden hingenommen.»
Und so meinte auch schon Heine voller Ironie in Fortführung des eben Zitierten:
«Mit seinen Nachtmützen und Schlafrockfetzen Stopft er die Lücken des Weltenbaus.»
Aber, meine Damen und Herren, das sind alles Mythen (auch wenn diese gelegentlich den Alltag bestimmen). Hier wird heute ein Professor ausgezeichnet, der alles andere ist als ein deutscher Professor im eben genannten Sinn (sieht so wie bei Heine auch der Alltagsmythos noch heute aus? Gehört der Professor auch noch in die deutschen Mythen, welche unsere Gegenwart mitprägen?)
Die Philosophische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität ist stolz darauf, einem so weit (und auch vielfältig ausgewiesenen) Fachkollegen unter den Politikwissenschaftlern den Dr. Meyer-Struckmann-Preis 2009 zur Themenstellung «Gesellschaften der Moderne» zu verleihen.
Natürlich lagen der Jury, der außer dem Präsidenten der Stiftung sowie dem Dekan der Fakultät die Kolleginnen und Kollegen Prof. Dr. Bleckmann, Prof. Dr. Borsò, Prof. Dr. Baurmann, PD Dr. Matejovski, Prof. Dr. von Alemann, Prof. Dr. von Hülsen-Esch und Prof. Dr. Witte angehörten, eine große Zahl von Vorschlägen vor; natürlich hat sich die Jury schon eingehend mit Herfried Münkler beschäftigt und für ihn als Preisträger ein einheitliches Votum abgegeben.
Dass wir richtig gelegen haben mit unserer Entscheidung, wird Ihnen allen gleich die Laudatio des Politikwissenschaftlers Ulrich von Alemann vermitteln, der Herfried Münkler näher betrachten, ihn beleuchten wird.
Auf die Rede unseres Kulturdezernenten Hans-Georg Lohe dürfen wir ebenfalls alle gespannt sein, da er das Verhältnis von Universität und Kulturleben der Stadt beleuchten wird.
Dass ich hier – als Romanist und Literaturwissenschaftler, sozusagen fachfremd – etwas bei Herfried Münkler aufgreifen kann, der zur politischen Ideengeschichte und zur Theorie des Krieges besonders ausgewiesen ist, mag erstaunen. Ich stelle nur fest, dass er natürlich die «Mythen des Alltags» von Roland Barthes kennt und sie gewissermaßen – wenn auch anders – fortführt; dass er sogar auch ein Buch geschrieben hat, in dessen Titel ebenfalls von «Bildern» und «Metaphern» die Rede ist.
Ich bin jedenfalls sehr gespannt darauf, was auch Sie uns gleich zu sagen haben: Ob es vielleicht um Mythen, Metaphern oder Macht geht im Horizont der «Gesellschaften der Moderne», oder ob Sie uns mit etwas anderem überraschen.
Dass dies ein gelungener Abend werden wird, behaupte ich mal zu Anfang, wie uns auch das Indigo Streichquartett schon überrascht hat mit einer ersten Stücke-Montage, bei der sowohl Marc-Antoine Charpentiers Präludium zu seinem Te Deum (besser bekannt als «Eurovisionshymne»), eine Humoreske von Dvořák als auch ein Irish Reel («Molly on the Shore»), also Tanzmusik zu hören war; und Sie sehen im Programm, was noch kommen wird (von Duke Ellington über einen Jazz/Blues-Song bis zu den Beatles oder auch Gershwin).
So mag und soll die Vielfalt dieser Musik auch für die Vielfalt der Forschungen und Publikationen unseres Preisträgers stehen.
Prof. Dr. Hans T. Siepe (geb. 1947)
Lehrt an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Romanistik. Dekan der Philosophischen Fakultät.
Wichtigste Arbeitsschwerpunkte: Surrealismus, roman populaire, Frankophonie des Antilles, Frankreich im 20. Jahrhundert, Intermedialität sowie deutsch-französische Kulturbeziehungen.
Jüngste größere Publikation: Surrealisme et Politique – Politique du Surrealisme. Amsterdam 2007 (Hg.).