Sehr verehrte Damen und Herren,

zunächst darf ich mich für die Einladung, heute zu Ihnen zu sprechen, sehr herzlich bedanken und Sie im Namen der Landeshauptstadt Düsseldorf hier im NRW-Forum Kultur und Wirtschaft willkommen heißen.

«Kultur und Wirtschaft» sind in diesem Haus so eng miteinander verbunden wie in keiner zweiten Düsseldorfer Kulturinstitution. Und so liegt es nahe, den Dr. Meyer-Struckmann-Preis, den nach dem Bankier Dr. Fritz Meyer-Struckmann benannten Preis, gerade hier im Hause zu verleihen.

Das Kulturzentrum am Ehrenhof steht für die Tradition und zugleich für die strukturellen und organisatorischen Reformen, die die Düsseldorfer Kulturlandschaft in den letzten Jahren geprägt und die Wirtschaft stärker als zuvor einbezogen haben.

Doch Düsseldorf ist nicht nur eine Stadt für Kunst und Kultur. Düsseldorf ist auch ein bedeutender Hochschulstandort, eingebettet in eine der dichtesten Wissenschafts- und Forschungslandschaften Europas.

Beste Lebens-, Arbeits- und Lernbedingungen führen Lehrende, Forschende und Studierende gleichermaßen aus vielen Teilen der Welt in großer Zahl hierher. An der Heinrich-Heine-Universität mit ihren fünf Fakultäten, an der Fachhochschule Düsseldorf mit ihren sieben Ausbildungsrichtungen, an der Kunstakademie und – last but not least – an der Robert Schumann Hochschule sind derzeit insgesamt fast 30.000 Studierende eingeschrieben.

Damit leisten die Hochschulen einen wichtigen Beitrag zum internationalen und weltoffenen Klima, welches Düsseldorf prägt und für viele Menschen anziehend macht.

Gleichzeitig müssen wir feststellen, dass das Universitätsleben im Stadtleben immer noch nicht so vorkommt, wie wir uns das wünschen.
Ich weiß: Diese Klage ist alt. Es hat schon etwas Stereotypes, sie zu führen. Ich sehe aber auch, dass wir gerade in den letzten Jahren Fortschritte in der Zusammenarbeit mit allen hier ansässigen Hochschulen erzielt haben. Wir dürfen in unseren gemeinsamen Anstrengungen daher nicht nachlassen. Unser Ziel muss es sein, Düsseldorf als Universitätsstadt für junge Menschen attraktiv zu halten und die Universität in die Stadt hineinzuholen.

Wenn die Heinrich-Heine-Universität heute den Dr. Meyer-Struckmann-Preis für geistes- und sozialwissenschaftliche Forschung zum zweiten Mal im NRW-Forum für Kultur und Wirtschaft verleiht – also im kulturellen Herzen der Stadt und nicht etwa auf dem Campus, wo Räumlichkeiten für solche Anlässe durchaus vorhanden sind – so ist das ein wichtiger Brückenschlag der Universität.

Die Stadt begrüßt diese Initiative außerordentlich. Sie ging von Prof. Dr. von Alemann aus. Lieber Herr Professor von Alemann, dafür bin ich Ihnen sehr dankbar!

Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass wir im nächsten Jahr die Quadriennale 2010 durchführen werden, neun Museen und Ausstellungshäuser zur Bildenden Kunst werden ab September 2010 unter dem Titel «Kunstgegenwärtig» Ausstellungen zeigen, die Kunst aus Düsseldorf der letzten 50 Jahre im internationalen Kontext präsentieren. Auch dort ein Brückenschlag: Die Heinrich-Heine-Universität wird gemeinsam mit der Stadt zur Quadriennale 2010 ein Symposion durchführen.

Ein weiterer Brückenschlag ist der Auftritt des Universitätsorchesters in der Tonhalle, an dem ich auch für die nächsten Jahre festhalten möchte und der zum dritten Mal, dann am 29. Januar 2010, stattfinden wird.

Einen engagierten Brückenschlag hat auch der Stifter dieses Preises gewagt: Der Jurist und Bankier Dr. Fritz Meyer-Struckmann verfügte testamentarisch, dass sein Vermögen in eine neu zu gründende, gemeinnützige Stiftung fließt. Stiftungszweck ist die Förderung von Wissenschaft und Forschung, besonders der Kultur- und Geisteswissenschaften. Gefördert werden aber auch die Bildungsarbeit mit Jugendlichen sowie Projekte diverser Kultureinrichtungen.

Dr. Meyer-Struckmann hat seinen beruflichen Erfolg genutzt, um kulturelle und soziale Verantwortung zu übernehmen. Er hat das in einer Weise getan, wie wir es uns auch von der heutigen Managergeneration wünschen würden.

Ich kann nur hoffen, dass man sich solcher Vorbilder wieder besinnt und dass an die Stelle des «Bankers» zukünftig wieder der «Bankier» tritt.

Es gibt sie sehr wohl noch, diese Persönlichkeiten, die im Interesse des Gemeinwohls bereit sind, die Öffentlichkeit an ihrem Erfolg teilhaben zu lassen. Erst vor wenigen Wochen konnten in der Tonhalle die Preise des vierten Aeolus Bläserwettbewerbes verliehen werden. Auch hier war es ein Stifter, der dies ermöglichte, nämlich Dr. Sieghardt Rometsch. Ich könnte weitere Persönlichkeiten unserer Stadt erwähnen – etwa unseren Ehrenbürger Udo van Meeteren oder auch die Familie Schwarz-Schütte.

Als Fazit bleibt: Ohne ein solches privates Engagement wäre Düsseldorf jedenfalls nicht die Stadt geworden, die sie ist.

Das bürgerschaftliche Engagement spielt in Düsseldorf traditionell eine große Rolle. Nach dem Tod Jan Wellems und dem Wegzug des kurfürstlichen Hofes war die Stadt in besonderer Weise auf Impulse aus der Bürgerschaft angewiesen.

Das lässt sich an vielen Beispielen belegen, etwa an der Gründung des Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen im Jahre 1829 oder an der Entstehung des Vereins für Tonkunst, der das Musikleben in Düsseldorf im 19. Jahrhundert stark bereicherte, einem Vorläufer des heutigen Städtischen Musikvereins, der beispielsweise einen Teil des Gehalts für Felix Mendelssohn Bartholdy als städtischer Musikdirektor bezahlte. Und aus dem schließlich auch unsere Düsseldorfer Symphoniker hervorgegangen sind. Unweigerlich müsste die Aufzählung unvollständig bleiben, wollte ich die vielen Vereine und Vereinigungen aufzählen, die für bürgerschaftliches Engagement gerade auf kulturellem Gebiet stehen.

Auch die Frage des Ehrenamtes wird in unserer Gesellschaft immer wichtiger. «Brücken bauen» ist ein wichtiges Moment in der Kulturarbeit. Die heutige Veranstaltung baut eine Brücke aus dem künstlerischen Umfeld heraus zur Wissenschaft. Somit spannt sie einen weiten Bogen. Sie thematisiert – zumindest indirekt – das Verhältnis von Kunst und Wissenschaft.

Zu der Frage ihres Verhältnisses gibt es viele Theorien, die Sie besser kennen als ich. Nach meiner persönlichen Vorstellung jedenfalls liegen Wissenschaft und Kunst näher beieinander, als man allgemein annimmt:

  • In beiden Bereichen braucht es Kreativität, um exzellente Ergebnisse zu erreichen.

  • Beide Bereiche zielen – mit jeweils unterschiedlichen Mitteln – auf Erkenntnisgewinn.

  • Und beide Bereiche brauchen Persönlichkeiten, die diese Erkenntnisse der interessierten Öffentlichkeit vermitteln.

Damit komme ich endlich zum diesjährigen Preisträger.

Sehr geehrter Prof. Dr. Münkler,
ich darf Ihnen an dieser Stelle schon einmal recht herzlich zum Dr. Meyer-Struckmann-Preis 2009 gratulieren.
In der ZEIT wurden Sie als «wandelnder Ein-Mann-Think-Tank» charakterisiert. Dieses Zitat steht auch auf dem Rücken Ihres aktuellen Buches. Mühelos spannen Sie den Bogen von Kaiser Barbarossas Nationalmythos bis zur medialen Inszenierung von Papst Benedikt XVI. Sie verstehen es wahrlich, komplexe Zusammenhänge anschaulich zu erzählen.
Wie treffend der Begriff des «Ein-Mann-Think-Tank» gewählt ist, wurde mir dann vollends deutlich, als ich die Liste Ihrer bisherigen Veröffentlichungen vor Augen hatte. Solche Produktivität findet man auch im künstlerischen Bereich nicht oft. Erst recht nicht in dieser Qualität.

So bleibt für mich als ein Resümee dieses Abends die Erkenntnis, wie richtig und wichtig es ist, Kultur und Wissenschaft zusammenzubringen.
Gustaf Gründgens hat einmal gesagt: «Man muss das Publikum zu sich heraufholen; man darf nicht zu ihm hinuntersteigen.»

Ein Satz, der m. E. auch heute nach wie vor noch Gültigkeit hat – und den wir uns immer wieder vor Augen halten müssen – auch bei unserer täglichen Arbeit in der und für die Kultur.

Ein hochaktuelles Thema, dem wir uns im weiteren Sinne gerade auf unserer Dezernatstagung gewidmet haben.

Nochmals herzlichen Glückwunsch, Herr Prof. Dr. Münkler, und vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Hans-Georg Lohe (geb. 1957)

Kulturdezernent der Stadt Düsseldorf seit 2006.